Entscheidung: Immobilientreuhänder dürfen personenbezogene Daten aus dem Grundbuch zur Kontaktaufnahme mit Grundeigentümern verwenden

Von Franz J Heidinger / Laurin Maran – Der Eigentümer einer Liegenschaft (Beschwerdeführer) hat sich bei der Datenschutzbehörde darüber beschwert, dass eine Immobiliengesellschaft (Beschwerdegegnerin) sein Recht auf Geheimhaltung verletzt hätte, indem sie seine personenbezogenen Daten aus dem Grundbuch erhoben und verwendet hätte, um ihn postalisch zu kontaktieren.

Die Beschwerdegegnerin erwiderte, dass es sich bei personenbezogenen Daten aus dem Grundbuch um Daten handele, die aufgrund ihrer allgemeinen Verfügbarkeit vom Schutzbereich des § 1 DSG ausgenommen seien. Der Beschwerdeführe könne somit auch nicht in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt sein (Argument 1).

§ 1 Abs 1 DSG: Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

Außerdem hätte die Beschwerdeführerin ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung dieser Daten zum Zwecke der Direktwerbung, da der Ankauf von Liegenschaften zu ihrem Geschäftszweig zähle (Argument 2).

Die Datenschutzbehörde hat dazu festgestellt: Das Grundbuch ist zwar grundsätzlich öffentlich zugänglich, dies bedeutet aber nicht, dass die darin enthaltenen Daten allgemein verfügbare Daten im Sinne des § 1 DSG sind und man deshalb kein diesbezügliches Geheimhaltungsinteresse haben könne. Doch selbst wenn dies der Fall wäre, hat die Beschwerdegegnerin die Daten aus dem Grundbuch ja nicht nur eingesehen, sondern auch zur Liegenschaftsaquise verwendet. Diese Verwendung ist jedenfalls eine Verarbeitung gemäß Art 4 Abs 2 DSGVO und bedarf stets einen Erlaubnistatbestand bzw. einer Rechtfertigung nach Art. 6, 9 oder 10 DSGVO. Das erste Argument der Beschwerdegegnerin hat die Datenschutzbehörde somit nicht gelten lassen.

Die Beschwerdegegnerin hat argumentiert, dass eine Datenverarbeitung gemäß Art 6 Abs 1 lit f DSGVO gerechtfertigt sei.

Art 6 Abs 1 lit f DSGVO: Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist: f) die  Verarbeitung ist  zur  Wahrung  der  berechtigten Interessen  des  Verantwortlichen oder  eines  Dritten  erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personen­bezogener  Daten erfordern,  überwiegen, insbesondere dann,  wenn  es  sich  bei  der  betroffenen Person um  ein  Kind handelt.

Beruft sich ein für eine Datenverarbeitung Verantwortlicher auf Art 6 Abs 1 lit f DSGVO, ist stets eine Interessensabwägung zwischen den Interessen Unternehmens, das die Daten verarbeiten möchte, und den Interessen des Betroffenen auf Geheimhaltung durchzuführen. Die Datenschutzbehörde ist in diesem Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass die Interessen der Beschwerdegegnerin als Immobilientreuhänderin überwiegen.

Bei den Daten im Grundbuch handelt es sich nach Ansicht der Datenschutzbehörde um Daten, die lediglich eine geringe Schutzwürdigkeit haben. Die Interessen des Betroffenen auf Geheimhaltung dieser Daten wiegen daher nicht so schwer wie das Interesse einer Immobilientreuhänderin, die zur Erfüllung des Unternehmenszweckes auf diese Daten angewiesen ist. Das zweite Argument der Beschwerdegegnerin war somit erfolgreich und die Beschwerde wurde abgewiesen (Vgl. DSB-D123.626/0006-DSB/2018 vom 23.04.2019).

Diese Entscheidung zeigt wieder einmal, wie wichtig eine professionelle Reaktion ist, wenn man mit datenschutzrechtlichen Anfragen oder Beschwerden konfrontiert wird. Hätte die Beschwerdegegnerin keine umfassenden Kenntnisse der datenschutzrechtlichen Bestimmungen gehabt und derart fachkundig repliziert, hätte die Entscheidung der Datenschutzbehörde auch anders ausgehen können.